18.07.19 Bellsund, Camp Millar (Tag 5)

Day 5: 18th July 2019
Camp Millar and sailing East
GPS position at 0800: 77°44’.5 N, 014°21’.1 E
Wind: NW4 Sea State: smooth Weather: overcast
Air Temp: +8 °C Sea Temp: +7 °C


Plan: 8 Uhr Frühstück, wir 9:30 Zodiac, mittags zwei Vorträge auf dem Weg nach Süden, dann rüber Richtung Kap Lee am Beginn vom Freemansund.
Der Bellsund ist praktisch der zweite Fjord von unten auf der Westseite. Er reicht 80 km weit ins Land hinein, am Ende liegt Sveagruva, eine noch aktive Bergbausiedlung.

Der Bellsund ist wegen dem milden Klima hier die erste Stelle gewesen, wo überwintert wurde, 1630/31, und zwar gegenüber von uns im Recherchefjord (da wäre es evtl. windgeschützter gewesen, aber man darf ja nicht so einfach irgendwo hin). Wilhelm Barentz hat ihn 1596 gesichtet.
Hier sind etwas weniger Gletscher, und diese sind auch auf dem Rückzug, mit drei Ausnahmen in drei verschiedenen Jahren, wo mal einer länger wurde. 
Die Fjorde gehen hier 80 km weit ins Land rein. Vorne ist er 20 km breit, aber fast geschlossen durch eine flache Landzunge, deshalb bleibt hinten auch lange Eis drin. Am Ende liegt Sveagruva, da wird noch Kohle gefördert. Im Frühjahr kommt immer ein Eisbrecher, um denen den Weg freizumachen. Dort fahren aber keine Touristenschiffe hin. 
Der Fjord teilt sich auf in zwei Fjorde und den kleinen Recherchefjord am Anfang im Süden. Wir landen am Anfang im Norden.

Wir sind fast da, ich springe in Hose und Jacke und teste mal die Luft. Frisch und windig. Vorne ist nur ein Chinese. In der Lounge sind die Reiseleiter schon bereit und beim Kaffee. Draußen ist swell, wellig. Um halb 8 beim wake-up-call sagt Adam an, dass man sich wasserdicht machen soll, man würde nass gespritzt. Und schwieriger Einstieg in den Zodiac. Also Regenhose über die Regenhose, die nicht wirklich dicht ist. Michael hat gestern Abend angedroht, ich würde noch nass werden... . Packe Ersatzstrümpfe ein, denn mit nassen Füßen wandern ist sicher nicht gesund.
Das ist der Recherchegletscher in der gegenüberliegenden Bucht.
 Da sieht man die Landzunge, Blick nach Osten. Wir landen links an.
                       Hier. Man sieht schon ganz grob, wo Vögel wohnen.
                            Das nennt sich Camp Bell, ist nicht weit links vom anderen.
                                                                 Und hier in der Landschaftsansicht
                                                 Diese beiden Hütten sind Camp Millar.

8 Uhr ist eine bequeme Zeit für Frühstück!
Um 9:15 fertig unten, zugleich mit dem Aufruf. Natürlich waren sie wieder ein bisschen früher, wir haben diesmal damit gerechnet, um nicht bei den Allerletzten zu sein. 10 Minuten muss man schon rechnen, bis man im kompletten Outfit dasteht. Ein- und aussteigen ist heute schon ein Abenteuer, rauf und runter, uffbasse, man könnte auch rein fallen anstatt einzusteigen. Über zwei Stufen. Sehr schaukelige Angelegenheit. Sie stehen heute zu viert beim Einsteigen in den Zociacs, sonst sind es nur zwei, einer im Boot, einer im Eingang, und beide halten mit einer Hand ein Seil, mit dem sie den Zodiac am Schiff festhalten. Da muss man wissen, was man tut.

Wir machen den Medium hike nach rechts. Vorne am Strand ist erst mal Schiefer!, dann Kies; meist ist es leicht grün, Felsen, weiche Tundra, Rentierknochen und ganz viele Rentierköttel.
Vorne in der Nähe der Hütten stehen noch Reste von einer Bahn.
Alles vollgekackt, hier müssen hunderte Rentiere wohnen. Leider liegen auch viele Reste von herum; einmal auch fast ein ganzes inkl. Fell. Alles Essbare daran ist weg.







Jerry ist vorne, Pierre aus Belgien, der auch deutsch kann, ist hinten, Adam ist dabei. Der geht immer vor und guckt über die nächsten Felsen, ob da ein Bär auftaucht.
Mondlandschaft?  Mit Adam, rechts außen, der guckt, ob die Luft rein ist.



                         Suchbild: wo sind die Rentiere? :-)

Erstes Rentier. Knochen, Fell, Stücke. Der letzte Winter war nicht -wie sonst immer- mit Schnee, sondern viel Regen im Februar, deshalb war alles dick gefroren und die Rentiere mussten verhungern. Unterm Schnee können sie Grünes ausgraben, aber mit Eisschicht geht das nicht. 

Eine Gruppe geht oben am Felsen, vor denen spaziert ein Fuchs entlang, ziemlich dicht und ohne sich stören zu lassen.
                                      Nächstes Bild = Suchbild: Wo ist der Fuchs?
                                    Auflösung: genau in der Mitte. Hier auch:
                                                      aber besser sichtbar und jetzt vergrößert.



Nach einiger Zeit macht Adam einen Break, bis dahin sind wir langsam und gemütlich gelaufen und haben zwischendurch Fotos gemacht, mir war nur leicht warm, Wind von hinten. Dann meinte er, wer möchte, kann mit ihm schneller gehen, er versucht, etwas Zeit aufzuholen, weil wir hintendran sind bei unserem Rundgang. Ok, gerne. Ein Stück Richtung Berg, dann fängt er an, mit dem Tempo einen Berg hochzuklettern. Eine andere Gruppe, muss von gelb und grün sein, kommt dort runter. Es sieht nicht so aus, als ob mir das ein paar Meter höher noch was bringt und ich bin außer Puste, deshalb frage ich, ob ich dableiben darf, wo ich bin und sie mich hinterher wieder mitnehmen, sie kommen ja hier wieder vorbei. Erlaubt, einige andere schließen sich an und wir hocken uns auf Felsen und genießen die Aussicht. Pierre muss uns bewachen, was ihm vielleicht gar nicht so unrecht ist. Ich habe übrigens später am Boot immer noch den roten Kopf davon. Die anderen gehen gar nicht mehr soviel höher, dort wird es auch gefährlich, weil die Steine lose sind. Mir reicht die Aussicht auch von hier. 😎


                                                   Da kraxeln sie hoch...
                                              Ziemlich schräg....
Als dort oben ein Stein losgetreten wird, stoppen sie und machen auch ein Päuschen. Es hat nicht so viel gebracht, man kann die Vögel nicht so gut fotografieren.  Von unten nach oben gezoomt:
                                          Von oben nach unten:
Zwei Italienerinnen waren auch bei mir geblieben, und Böhl- Ingelheim, der hatte gestern 24 Std Kabinenarrest wegen Darmvirus und war etwas weniger fit.
Aha, positiv bemerkt: hier nehmen sie einen Virus ordentlich ernst und haben nicht so Probleme wie bei Aidas, die den Noro einfach nicht weggekriegt haben.
    

Es geht eigentlich um Vögel, eine größere Kolonie von Krabbentauchern, engl. Little Auk, sagt Pierre. Man hört sie, sie singen so. Als die oberen aufbrechen, kriege ich die Erlaubnis von unserer Nachhut, dass ich schon mal langsam bergab darf, muss nur unten warten. Das war gar nicht problematisch, richtig angenehm.
Die hübsche Chinesin hat vor 2 Monaten ein Baby gekriegt! Ist mit Mama hier.

Adam ist mit uns noch rüber gelaufen hinter den Hütten entlang über und zwischen Felsen und durch schwammiges Gras entlang zu den Rentieren. Die Tundra ist wie ein Sofa, man ist bei jedem Schritt 5 cm eingesunken. Dann wurde es mehr, also feuchter; ist das jetzt schon diese Fliesserde, vor der ich ein bisschen Schiss habe? Ja, anscheinend, denn Böhl-Iggelheim ist plötzlich mit einem Gummistiefel bis zum Knie im Matsch drin, während nebenan alle gut laufen konnten - also nur 10 cm eingesunken sind.



Wir kommen wie die Indianer von der Wind abgewandten Seite zu den Rentieren, die sich nix aus uns machen, am Ende bis ca. 12 Meter ran. Da ist es auch so feucht, man bleibt fast kleben. Alle in eine Reihe stellen und Klappe halten, dann haben wir Zeichen gekriegt, uns hinzuhocken. Die chinesischen Fotos klacken ununterbrochen. 5-10 Min. beobachten. 
                                        Die sehen aus wie Vögel in der Mauser.






Jeder strahlt hinterher den Nebenmann bzw. Frau an und ist glücklich, Nation völlig egal. Dann gehen wir zurück zur Anlegestelle. Die Hütten werden gar nicht beachtet und nicht erwähnt, das fände ich schon wichtig, dafür haben sie wohl keine Zeit.


Dieses Foto ist mal bearbeitet, Farbe drauf.
Camp Millar heißt nach Herbert M. Millar, Teilhaber der Northern Exploration Company NEC. Was ist das? Diese Gesellschaft hat Anfang des 20. Jh. mehrere Hütten errichtet, 1908 Camp Bell, das ist die eine Hütte links, wo wir nicht hin kamen, Untersuchung von Kohlevorkommen.  Gehört dem Sysselman, wurde etwas nach hinten versetzt, weil zu nah am Strand. Ein Thüringer wohnte hier von 1933 bis 1939, einen Winter auch mit seiner Verlobten, die aber leider in einem Fluss ertrunken ist.
Der Berg dahinter heißt Ingeborgfjellet, Sagengestalt in der nordischen Mythologie, diesmal nicht die Frau von jemandem.
Camp Millar wurde wegen vermutetem Goldvorkommen errichtet, man fand aber nichts, die Reste der Schienenfahrzeuge haben wir fotografiert. Die Hütten gehören dem Sysselman und einem Verein in Longyearbyen.

Ich habe einen Kampf mit Weste, sie haben schön sortiert nach Größen, aber ich habe trotzdem vier breite erwischt wo ich zweimal reinpasse und hab’s satt, lasse mir von Meike helfen. Sie sagt, ich soll die nachher in der Kabine richtig einstellen, klar, aber ich brauch sie jetzt dringend, da draußen schaukelts!
Mit Jerry sind wir auf gutem Platz hinten wieder zurück gedüst, es spritzt gut, aber mehr auf der anderen Seite. Wenn es zu heftig wird, macht er langsamer. Es kommen natürlich alle heil zurück. Wetter grau und trüb, es sieht aus, als käme Regen.
Darf man auch mal motzen? Geschichtliche Infos über diese Stelle gabs fast nix. Pierre erzählte was von begonnenem Kohleabbau; im dicken Buch steht, dass sie hier nach Gold gesucht haben, aber das war nicht erfolgreich.

Eben flog ein Papageientaucher vor dem Fenster entlang. 😃
13 Uhr essen, wir sollen nicht alle zugleich kommen, sondern gerne 10 min später. Der Herr im Bademantel erscheint wieder in diesem 😂.
Heute gab es große selbstgemachte riesige Chips zum Mittagessen dazu. Manches war heute nicht für uns, z.B. Hühnerleber. Davon blieb auch viel übrig. Aber der Schokokuchen mit richtig guter Schlagsahne war schon gut. Salate sind immer ein Grüner und drei gemixte Sorten. Fleisch war Lammcurry, Reis, Gemüsegratin. Käse gibt es immer als Nachtisch. Abends auch Früchte, meist geschnippelte, und eine andere Nachspeise, heute wird es Erdbeer Tiramisu.
Hab ich mal erwähnt, dass der Chefkoch ein Deutscher ist? 😊 Deshalb schmeckt es auch wie daheim.

Nebel auf dem Weg nach Süden. Eigentlich habe ich jetzt vom Schreibtisch aus den Blick auf Berge, aber sie sind versteckt.
Halb drei, mitten in Axels Mittagsschläfchen, ertönt Ginggong aus dem Lautsprecher, sie wollen die Zodiacs wieder befüllen mit Benzin, jetzt ist Rauchen verboten draußen. Und drin sowieso. 👍🏻 Ach so, jetzt kapiere ich die nicht-rauchen-Ansage von neulich. Dieser Gong ist schon sehr laut und kann fast Tote aufwecken. Man zuckt jedes Mal zusammen.
Nach 12 Minuten wieder der Gong und die Entwarnung, sie sind schon fertig. Axel brummt wieder….
Das Meer ist jetzt ziemlich glatt mit etwas swell, man könnte gut Wale erkennen wenn sie nicht zu weit weg sind.

Florence hält einen Vortrag über Willem Barentsz. Danach ist eine kurze Pause, dann folgen drei kurze Vorträge:
Laurence über Gletscher. Der ist studierter Glaziologe.
Simon erzählt was übers Klima.Ich kann vielleicht übermorgen die Präsentation von den Gletschern haben. Vielleicht kann ich es mal mit an die Arbeit nehmen und jemandem anbieten.
Nach den Gletschern erzählt Meike noch was über die Vögel. Die Krabbentaucher von heute, schwarz-weiß, sind die, die plötzlich aus dem Wasser auftauchen oder darin verschwinden, weil sie fischen. Die haben mich irgendwann vor ein paar Jahren so erstaunt, weil sie einfach ins Wasser verschwunden sind oder plötzlich aus dem Wasser heraus da waren. 😲

Danach war gleich Ausblick auf morgen: morgens Kap Lee Walrosse und Wanderung, Adam hat wieder deutlich gesagt, es sollen nur die auf die lange mitgehen, die es auch wirklich können. Hinterher hat er die Gruppenleiter der Reisegruppen noch zu einem Meeting gebeten. Ihn hat es heute und die letzten Tage geärgert, dass es so langsam ging. Medium startet morgen um 9 Uhr.
Mittags startet um 14:30 für medium, morgen sind wir mal nicht nach Farben eingeteilt.

Und dann, in den 20 Minuten vor dem Abendessen, hat noch jemand über die Füchse geredet, dass die arktischen von den roten gefressen werden u.a. Wer frisst wen.  Ein Fuchs ist in 2018 in 76 Tagen 3500 km gelaufen, sie hat die Karte. Für sowas braucht er aber wie die Eisbären und die Robben und die Walrosse das Eis.

Zuhause ist in unserer Zeitung sogar ein Artikel über die Fuchswanderung. Und über die heiße Arktis, die aber grade nicht hier in Spitzbergen ist.
Die Geschichte von Camp Millar, die Suche nach Gold, hat sie auch noch erwähnt, auch wem die Hütten jetzt gehören, was ich heute Mittag vermisst hatte.
Es gab ziemlich viel Info zwischen 15 und 19 Uhr mit nur einer halben Std. Pause.

Abendessen: Der Herr im Bademantel sitzt am Nebentisch. Axel schmeckt das Bier nicht (das hat aber nix mit dem Bademantel zu tun, sondern mit dem Schaukeln, während wir im dunklen Vortragsraum gesessen haben, ohne Ausblick), ich hole eine Reisepille, es schmeckt auch das Ei nicht, obwohl er nach draußen guckt, den Hauptgang bestellt er ab bzw. ich, weil er gehen muss. Den Obstsalat soll ich ihm mitbringen. In der Zeit schaukelt es weiter ziemlich viel, wir fahren vor dem Nachtisch grade um die Südspitze herum. Er liegt im Bett und genießt die Aussicht.
Hab mal auf der Brücke geguckt, nix besonderes. Inzwischen scheint auch die Sonne. Morgen soll es bedeckt sein.

Will Adam nochmal fragen, ob der Medium hike morgen den Berg hoch geht. Er hat ja heute gesehen, dass es irgendwann zu viel ist. In 10 minutes würde er kommen.
Aus den 10 minutes wurden 25, aber ich hab ja sonst nix vor.
Der Medium wäre der schönere und überhaupt nicht bergauf; nachmittags die 65 m schaffe ich.
Die chinesischen Gruppenleiter haben ein paar Takte gesagt gekriegt, dass sie sich besser einteilen sollen, sonst würden sie zurückgewiesen. Das ist der Vorteil, dass man bei so einem kleinen Schiff jeden kennt und das einschätzen kann. 

Zurück kurz vor 10, nochmal auf die Brücke, die Australier sind ja da ständig, sind sehr nette. Die Californierin hat grade den 4. Wal gesehen, den Blas, das konnte ich auch gut erkennen, rechts vorne.
Man sieht links die Küste schön und einen besonders großen Gletscher. Die Isbukta.
Hier ist an einer Tafel angeschrieben, dass wir 157 Passagiere und 70 Leute Crew sind, gesamt 227. Und die Eiskarte von heute zeigt, dass es zurück geht, die nächsten können vermutlich rundherum fahren.



                                               Total beruhigende Aussichten!
                                                              Das dritte ist unser Fenster.


Alle Fotos abends, kurz nach 10.
Axel will schlafen, das ist schwierig, wenn einem die Sonne ins Gesicht scheint. 🌝 Ich will noch nicht dunkel machen. Aussicht vom Sofa, mit Vogelflug, nicht nur eine braune Möwe, sondern auch irgendein besonderer schlanker Vogel. Kenn mich da nicht aus. Es schaukelt jetzt fast nicht mehr.
Muss noch lesen, was morgen ansteht. Eben sind wir 13 Knoten gefahren, jetzt scheint es weniger. Täuscht sicherlich.

Ey, Mann, wie soll man denn um kurz vor 11 müde werden, wenn einem die Sonne ins Gesicht scheint und draußen Berge und Gletscher vorbeifahren!!! Der Himmel hat so tolle Farben. Vögel segeln vor dem Fenster rund.
Man müsste mal auf einer Stelle die Sonne nachts durch beobachten. Mit dem Schiff hat man das ja nicht richtig, das verändert ja sie Richtung.
Morgen gibts Walrosse.

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